Pagerank Charts
 

Aus Theorie und Praxis

 

Marken · Zeichen · Signale

 


 



Hin und wieder wird im alltäglichen Umgang mit Kunst und Grafik der Begriff der angewandten Kunst erwähnt.
Dies war lange Zeit ein gebräuchlicher Terminus zur Abgrenzung von Freier Kunst zur kommerziellen Auftragskunst, und dem was im Grafikbereich zum Broterwerb diente. Doch inzwischen hat der Begriff Kunst die ihm zustehende erweiternde Bedeutung erhalten. Damit wurde der von den ökonomischen Separatisten ausgehobene Graben zwischen freier und angewandter Kunst wieder zugeschüttet.

Für den heute in Kalifornien und Berlin lebenden Grafik-Designer Hans Norbert Heller haben die kreativen Grenzen ohnehin nie existiert. Nach einer klassischen Ausbildung zum Schriftsetzer und einigen Jahren Berufspraxis hatte er in Berlin an der Freien Universität und der ehemaligen Hochschule der Künste studiert und seinen Weg als Gestalter fortgesetzt. Sein Brot verdiente er anfänglich noch als Allroundgrafiker mit allem was erforderlich war. Heute sind es für den Designer Grafik, Typografie, Illustration, Buchgestaltung und vermehrt das Umwelt-Design, die ihn neben seinen eigenen Projekten als Autor und Verleger in Anspruch nehmen. Hans Norbert Heller arbeitet zeitweilig für Autoren, Verlage, Theater, Zeitungen und Kommunen. Für Wirtschaftsunternehmen, Handwerk und Industrie übernimmt er Aufträge ebenso wie für private Auftraggeber. Als gelernter Schriftsetzer hat er ein besonderes Händchen für Typografie und sein Spezialgebiet ist das Corporate Design.

Für Kunst-Brücke fand er sich gern bereit, einen Einblick in die Anwendung und Entwicklung der so genannten LOGOS zu geben. Was alltagssprachlich etwas versimpelt als Logo bezeichnet wird, erweist sich doch komplexer als gedacht.

 

Der öffentliche Auftritt von LOGO & CO

Haben wir Signets, Markenzeichen, Wort- und Bildmarken sowie den Begriff von Corporate Identity vielleicht bisher für moderne Erfindungen gehalten?  Dann wird uns z. B. ein Blick in das Alte Testament und in die Geschichte der HERALDIK sicherlich überraschen.

Die Absicht, Menschen mit Hilfe von Zeichen und Symbolen in Gruppen aufzuteilen, ist älter als die Geschichte. Im Alten Testament finden sich erste Aufzeichnungen darüber, daß die zwölf Stämme Israels an bestimmten Symbolen erkennbar waren. So z.B. der Löwe von Juda oder der Wolf des Stammes von Benjamin. Die spätere Sprache der Wappenzeichen ist eine geheimnisvolle französisch-englische Mischung, die heute nur noch von Experten verstanden wird. In den offiziellen heraldischen Aufzeichnungen, werden der Schmuck und die Kennzeichnung von Waffen und Schilden in präzisen Formeln und Rangfolgen festgelegt.

Im Zeitalter der Ritter mit ihren Rüstungen und Schildpanzern, hatte die Kennzeichnung der einzelnen Gruppen eine wichtige Funktion, ohne die sich Freund und Feind nicht hätten erkennen können. Die Organisation dieser Zeichen und Symbole zwischen Rittern und Edelmännern samt ihrem Gefolge oblag den Heralden. Die als Zeremonienmeister und Schietsrichter bei Spielen und Kämpfen im Auftrag ihrer Herren den Ablauf protokollierten und die Regeln überwachten. Unter Richard III. wurde im Jahre 1484 der zentrale Buchbestand der Heraldik in das College of Arms überführt. Und so wird es niemanden verwundern, daß diese Einrichtung in England noch heute existiert und arbeitet. Im Wettstreit der Ideen & Märkte spielen jetzt allerdings neue Zeichen die seit damals größte Rolle unter der Regie von: 
 

Corporate Identity

Der öffentliche Auftritt eines Unternehmens oder einer kommunalen Einrichtung wird wesentlich durch die grafisch gestalterischen Mittel des Corporate Designs (CD), dem visuellen Erscheinungsbild, bestimmt.
Eine langfristig sichere Position auf dem regionalen und globalen Markt, ist heute ohne Corporate Design nicht mehr möglich. Ebenso wird auch den kommunalen Einrichtungen ein einheit­liches Erscheinungsbild basierend auf einer „Corporate Identity“, in vielen Bereichen die Verwaltungsarbeit erleichtern, die Attraktivität einer Gemeinde und die Wirksamkeit ihrer Aktivitäten erhöhen. Corporate Identity (CI), umfaßt die Summe aller Darstellungsweisen, mit denen sich eine Institution umgibt. Hierzu gehören sowohl Kunden, eigene Mitarbeiter sowie Aktionäre, als auch Presse und Kommunen etc., gleichermaßen. Innerhalb einer begründeten Unternehmensidentität (CI), ist es unverzichtbar, die Philosophie und das Wesen der Einrichtung durch starke visuelle Signale des CD nach außen wie nach innen,
zu versinnbildlichen.

Nicht zufällig sind es vor allem Firmen von internationalem Ruf, deren Erzeugnisse durch ein vorbildliches Symbol unverwechselbar sind. Solch ein Zeichen ist integrierter Bestandteil des Firmengesichts und im kommerziellen Bereich die Grundlage ganzer Werbe­maß­nahmen. Ein Firmenzeichen, das seinen Weg gemacht hat und in der Vorstellung des Adressaten einen festen Platz eingenommen hat, ist Werbung an sich. Mit neuen Briefbögen und Visitenkarten allein, ist es dabei nicht getan. Nur wenn Leistung und Unternehmen eine Symbiose eingehen, wenn das Produkt als Teil des Unternehmens und das Unternehmen und seine Philosophie als genuiner Bestandteil der Leistung erkannt und akzeptiert werden, sind Unternehmen wettbewerbsfähig. Angesichts qualitativ gleich- und hochwertiger Erzeugnisse trifft der Kunde seine Entscheidung heute verstärkt danach, was sich mit dem eigentlichen Produkt – dem Unternehmen – verbindet. 
Die Glaubwürdigkeit einer Institution mit seiner Philosophie und Unternehmenskultur wird zum entscheidenden Element des Kommunikationsverhaltens. Das Corporate Design – in dem diese
Leitlinien sinnlich erfahrbar sind – wird damit zu einem wichtigen Faktor der Akzeptanz. Dabei ist der visuelle Auftritt von Branche zu Branche naturgemäß unterschiedlich. Das Problembewußtsein ist z.B. in den Konsumartikelbranchen höher als  in der Maschinen / Investitionsgüter-Industrie, oder bei Einrichtungen der öffentlichen Hand und im kommunalen Bereich.


Welches ist nun das
starke Zeichen mit der großen Wirkung?


Ein Sinnbild, welches den branchenspezifischen Charakter zum Ausdruck bringt. Das mit seiner ästhetischen Anmutung, der inhaltlichen Aussage, seiner typischen, unverwechselbaren Gestalt, die Grundlage für ein spezielles Corporate Design bildet.
Das kann eine Bildmarke (Signet), eine Wortmarke (Schriftzug / Logo), dann die Buchstabenmarke und eine Kombination aus diesen sein. Außerdem die abstrakte Illustration in Form einer Vignette

Die englische Bezeichnung „Logo“ für Wortmarke, gilt allgemein als Oberbegriff aller Zeichenkategorien. Fachlich ist der Begriff Signet für alle meinungsbildend-werblichen Zeichen geeigneter. Als bildhaftes Zeichen, weist es deutlicher als eine Wortmarke, die gestalterischen Merkmale auf, die für ein „Signal“ erforderlich sind.
Welcher Zeichentyp in Frage kommt, hängt immer vom zu lösenden Aufgabenkomplex ab. Das Signet muß den Bezug zum Wesentlichen herstellen. Dies kann ein Produkt, eine Leistung oder ein Name sein. Daraus ergibt sich eine bestimmte Form, oder die Lautfolge von Buchstaben.
Diese Wechselbeziehung kann zwischen Signetform und Bedeutungsinhalt als Parameter für die Entscheidung zwischen den unterschiedlichen Zeichenkategorien gelten. Z. B. kann die Vignette
gegenüber einer strengen Marke vorteilhafter sein.
Nämlich dann, wenn die Gefahr der Ähnlichkeit zu anderen abstrakten Zeichen bei der vielfältiger strukturierten Vignette geringer ist. In der Flut von reduzierten Zeichen kann ein bildlich differenziertes Signet wie z.B. die abstrakte Illustration der Vignette, dieser Problematik eher begegnen.

Wie entsteht die Effizienz
eines Zeichens?

Um seine Aufgabe zu erfüllen, sollte ein Zeichen:

1. Blickfang, Wahrnehmung und Speicherung bewirken,
2. die Verbindung zum Benutzer herstellen und
3. eine Information vermitteln.

Für die Verkaufsförderung soll es außerdem originell und einprägsam sein. Dazu bedarf es einer besonderen Zeichensprache. Solche Zeichen werden konsequenterweise ebenso exakt von Grafikern geplant, wie wir einen Hausbau naturgemäß von einem Architekten realisieren lassen.
Dabei muß der Entwurf  mehrere Bedeutungen und Funktionen im Signet verschlüsseln. So kann der Betrachter es beim Entschlüsseln in beabsichtigten Sinn verstehen. Erfolgt aus diesem Prozeß eine sprachliche Verbindung zum Sender, ist das Zeichen wirksam. Solche Signets brauchen in der Regel nichts mit Worten zu beschreiben und oft gar keine zusätzlichen Informationen. Dadurch können sie auch international verstanden werden. Außerdem lassen sich viele abstrakte Bedeutungen gerade erst durch eine formale Darstellung sichtbar machen und konkret erfahren.
Der grafische Zeichenvorrat der Formen und ihre Komposition bestimmen Blickfang, Bedeutung, Originalität und die Formqualität des Signets.
Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung des gegebenen Sachverhalts, ist die richtige Zielsetzung am Beginn der Zeichenentwicklung. Zur Prüfung des Zieles eignet sich die Vier-W-Methode:

Was soll ausgedrückt werden, welches Material ist dazu geeignet,
wie läßt sich abstrahieren und wo stecken mögliche Fehlinterpretationen?

In der Prägnanz der Zeichengestaltung zeigt sich deutlich das Können des Designers.
Nur dadurch wird die Marke leicht erinnert. Und je häufiger ein solches Signet in einer bestimmten Situation wiederkehrt, desto nachdrücklicher prägen sich die damit verbundenen Assoziationen beim Adressaten ein.
Ein produzierender und verkaufender Unternehmer ist sich darüber klar, daß nur ein wirkungsvoll konzipiertes Zeichen für seinen Erfolg werben kann. Deshalb sind mißverständliche Zeichen, die falsch interpretiert und gedeutet werden, neben denen mit unzureichender Verständlichkeit und einer dilettantischen, mangelhaften Formqualität, die größten Pannen des Corporate Designs.
Um Verständlichkeit und Wirkung sicher prüfen zu können, empfielt mein Kollege Dieter Urban darum seit langem einen, besonders für Jury-Mitglieder, vorteilhaften Kriterienkatalog.

1. Blickfang (Aufmerksamkeitswert)
Das Signet muß sich von seiner Umgebung deutlich abheben.

2. Aussage (Informationswert)
Das Signet muß unmißverständlich sein, es soll eine Botschaft übermitteln.

3. Originalität (Neuigkeitswert)
Das Zeichen darf (in der Regel) nicht an andere, bereits bestehende Zeichen erinnern.

4. Formqualität (ästhetischer Wert)
Das Zeichen soll Zweck mit Schönheit verbinden und prägnant sein, sodaß es abrufbar ist.

5. Anmutung (pragmatischer Wert)
Das Zeichen muß sich im jeweiligen „Klima“ befinden, spezifisch für das Produkt, den Produzenten oder die Dienstleistung sein.

Punkt 5 wird plakativ deutlich, wenn z.B. ein einzelnes Reinigungsgeschäft mit einem hochwertigen Signet auf kopierten Selfmade-Handzetteln wirbt. Oder wenn andererseits einer Einrichtung wie dem WDR, gravierende Mängel im Corporate Design unterlaufen, die mehrere Nachbesserungen erforderlich machten.

Aus der konsequenten Anwendung der optischen Signale erwachsen für den Anwender auch neue Ausdrucksmöglichkeiten. So ergeben sich Einsatzgebiete, welche die Corporate Identity erst erschließen hilft.
Der einheitliche optische Auftritt nach dem gemeinsamen Verhaltensmuster der CI, erfordert ein konsequentes Auftreten der Marken, Zeichen und Symbole, nach den Leitlinien des Corporate Designs.
Die festgelegten Zeichen müssen auf breitester Basis einsetzbar sein, und optimal „funktionieren“.
Je nach Art des Unternehmens, der Größe oder Bedeutung einer Kommune, bedarf es hierzu
vom Gestalter einen erheblichen Aufwand. Darum gehören diese Arbeiten zu den anspruchsvollsten Grafik-Design-Produkten und stehen in der Gebührenliste nicht an unterster Stelle.
 

Hans Norbert Heller



 

Home | Nach oben | Schönheit | Das Interview | Le Corbusier | Fachliteratur | Wörterbuch | Holofluxus | Manifest | Zitate | Florenzbild-Geschichte